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Kollaboratives Lernen
bei Interone und
Proximity Technology
Von Verena Ittmann, Senior Digital Strategist, 28. Februar 2019
Etablierte Unternehmen haben es in Zeiten der digitalen Transformation nicht einfach. Disruptive Unternehmen wie beispielsweise Fintechs verstehen den Nutzer mit seinen schnell verändernden Bedürfnissen und bieten innerhalb kürzester Zeit optimale Lösungen an. Die Verwendung dieser Produkte und Services erwecken beim Nutzer übergreifende Erwartungen. Folglich müssen Angebote etablierter Unternehmen genauso einfach funktionieren. So entwickelte sich N26 zum Unicorn, während traditionelle Banken immer noch hinterherhinken.
Um den Anschluss nicht zu verlieren und an der Spitze präsent zu sein, ist es absolut notwendig, nicht nur die Performance und den vorhandenen Nutzen der Produkte und Services für bestehende Nutzer zu optimieren, sondern kontinuierlich auch in neue Ideen zu investieren. Unternehmen müssen die Chancen nutzen und über den Tellerrand hinausblicken. Neue Erkenntnisse und frische Impulse bergen das Potenzial, sich gegenüber dem Wettbewerb zu behaupten und in Zukunft zu wachsen.
Am Anfang von Projekten ist die Strategie unentbehrlich. Das Feld wird ordentlich bearbeitet: Wir nehmen Kunden-Anforderungen auf, starten die datengestützte Insight-Analyse und tauchen in technologische und kulturelle Trends ein. Mit all dem Wissen entwickeln wir eine Vision für das Produkt, ordnen es im Gesamtkontext des Unternehmens ein und geben Schritt für Schritt Empfehlungen zu spezifischen Entscheidungen, um nachhaltige Vorteile und Differenzierungsmerkmale zu gewinnen. Die Strategie bereitet damit den Weg zum Ziel. Wir zeigen auf, wo das Unternehmen mit welchen mehrwertigen Produkten und Services in den nächsten Jahren steht, und brechen dann diese Annahmen über einen strategischen Plan ins Heute herunter.
Nachdem nun die Entscheidungen gefallen sind und der strategische Plan steht, beginnt der agile Lebenszyklus des Produkts. Das Backlog wird befüllt und von Teams bearbeitet. Das kann eine Weile dauern – oftmals viele Monate. In der agilen Produktentwicklung gibt es nun drei Haupt-Herausforderungen für die Strategie:
Die Vision und der strategische Plan sind also kein starres Konstrukt, sondern fließend. Bei großen Projekten mit vielen agilen Teams und einem straffen Zeitplan müssen wir den Überblick bewahren, die Ergebnisse mit den Zielen abgleichen, strategische Insights in der Entwicklung beisteuern, Impulse liefern und die Strategie in der Spur halten. Das kann nur mithilfe eines starken Product Owners und kollaborativen Teams gelingen.
Wie implementieren wir nun die Strategie am effektivsten in der agilen Produktentwicklung? Die Idee besteht darin, den Prozess der agilen Produktentwicklung weitaus größer zu betrachten. Dazu werden zwei Bereiche fokussiert: Exploration/Ideation und Realization/Scale.
In der Exploration-Phase ist das Team damit beschäftigt, Impulse und Innovationspotenziale aufzudecken, um die Vision und den Plan kontinuierlich zu formen. In der Ideation-Phase findet das konkrete Aufsetzen der Vision, des strategischen Plans und den darin formulierten Zielen statt. Das geschieht in enger Zusammenarbeit mit dem Lead Product Owner. Beides bildet die Grundlage für die Erstellung bzw. Anpassung des Backlogs. In der Realization-Phase befindet sich das Team im agilen Prozess und erstellt auf Basis des strategischen Plans das Backlog. Es entwickelt Story für Story das Produkt und integriert durch Testing nutzergetriebene Insights. Sobald das Produkt Marktreife erlangt und ausgerollt wird, generieren wir in der Scale-Phase datengetriebene Insights für die Produkt-Optimierung.
Die Phasen wiederholen sich in einem ständigen Kreislauf, wo stets neue Erkenntnisse entdeckt werden und für die Justierung der Vision verantwortlich sind.
Die Annahmen, die wir am Anfang der digitalen Produktentwicklung treffen, können sich mit der Zeit ändern. Wir erkennen das an der hohen Flop-Rate von neuen Produkten, die während des Entwicklungsprozesses keine Veränderungen im Markt berücksichtigt haben. Laut Alex Osterwalder, Gründer und Business-Entrepreneur, braucht es 250 Anläufe, um ein Unicorn zu entwickeln. Dabei misslingen 162 glatt und 87 erfahren maximal kurzfristigen Erfolg.
Durch die Vernetzung der Strategie mit den Teams ist es möglich, jederzeit auf den Produkt-Entwicklungsprozess einzuwirken und im Falle einer Abweichung vom Plan oder bei wichtigen Veränderungen einzuschreiten. Damit stellen wir strategisches Steering, Sparring und Inspiration sicher. So nehmen wir Fahrt auf, nutzen Synergien, setzen Impulse und verringern die Flop-Wahrscheinlichkeit.
Das ist es, was man gesamthaft unter fließender Strategie oder Liquid Strategy verstehen kann: Die Erkenntnisse fließen aus allen Bereichen zu jedem Zeitpunkt ein, sei es quantitativ oder qualitativ – von heute oder von morgen. Sie befüllen die Vision und erweitern den strategischen Plan. Gleichzeitig fließt die Vision in die Teams und wird dort verinnerlicht, in einem Produkt verarbeitet, ausgerollt und optimiert. Ein ständiger Kreislauf mit richtungsweisendem Effekt.
Der Erfolg eines digitalen Produktes ist ungewiss. Durch die Integration von Strategie im gesamten Prozess wird der Erfolg wahrscheinlicher. In Zusammenarbeit mit fähigen Product Ownern und leidenschaftlichen Teams, die offen für neue Impulse sind, werden starke Produkte entwickelt. Bestehendes muss kritisch hinterfragt, Veränderungen erkannt und das Zukunftsbild immer wieder neu geschärft werden. Mit dem Ansatz aus Exploration, Ideation, Realization, Scale sind wir in der Lage, all das im agilen Prozess abzubilden und eine nachhaltige Wirkung zu erzielen.
Deshalb mein Appell an alle Strategen, Product Owner und agilen Teams:
Strategie ist nicht nur am Anfang wichtig, sondern in jeder Phase der digitalen Produktentwicklung!
Der Artikel erschien als Beitrag in der Zeitschrift New Business, Ausgabe 9/2019